Rechte Ökologie: Rechtspopulismus im Kontext globaler, ökologischer Krisen

Zwischen Klimawandelleugnung und Umweltschutz von rechts

Zahlreiche Menschen gehen für effektive Klimaschutz-Maßnahmen auf die Straßen, Greta Thunberg verkündet „Our house is on fire” und der IPCC-Bericht zeigt die Notwendigkeit einer sofortigen globalen Trendwende auf, um die globale Erwärmung noch zu begrenzen. Es steht fest: Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen dieser Zeit. Umwelt- und Klimathemen stehen im Zentrum politischer Aufmerksamkeit und ein gesellschaftlicher und politischer Wandel wird gefordert, um eine nachhaltige Entwicklung zu gestalten. Gleichzeitig erleben wir, dass antidemokratische Positionen in der Gesellschaft zunehmen und rechtspopulistische und rechtsextreme Bewegungen, Gruppen und Parteien wieder an Zuspruch gewinnen.

Wie hängen diese beiden Entwicklungen miteinander zusammen?

Rechtspopulistische Bewegungen auf der ganzen Welt machen zunehmend gegen Klimaschutzpolitik mobil, zeigen sich skeptisch gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Diese Opposition der politisch Rechten und Ablehnung des wissenschaftlichen Konsens liegt vor allem im internationalen grenzüberschreitenden Charakter der Klimapolitik, der Angst vor der Bedrohung traditioneller Lebensstile und der Schwächung der nationalen Wirtschaft begründet (Veit, 2022). Gleichzeitig wird es auch als politische Strategie verstanden, um mit der Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen und der Energiewende ein Alleinstellungsmerkmal in der politischen Landschaft zu gewinnen und sich von etablierten Parteien abzugrenzen (Humpert et al., 2021).

Doch auch wenn Klimaskepsis und die Leugnung des anthropogenen Klimawandels oft Teil der zentralen Positionen von extremen Rechten sind, sind gegenläufige Tendenzen hinsichtlich Umwelt-, Tier- und Naturschutz zu beobachten. Bereits historisch gesehen sind ökologische Themen im rechten Gedankengut verankert: Seit der Entstehung von Naturschutzbewegungen Mitte des 19. Jahrhunderts sind Einflüsse von völkischen und nationalistischen Ideologien, wie die Gleichsetzung von Heimatschutz und Naturschutz oder die Übertragung von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen auf soziale und bevölkerungspolitische Phänomene, zu erkennen (FARN, 2018). Auch heute engagieren sich rechte Bewegungen im Natur- und Umweltschutz, sowohl aus Überzeugung als auch mit dem Ziel, ökologische Themen zu instrumentalisieren, um rechtsextreme und völkische Ideologien zu propagieren und ihre Positionen in die Mitte der Gesellschaft zu tragen (FARN, 2018).

Viele der vermeintlich nachhaltigen Forderungen von Rechtsextremen scheinen sich auf den ersten Blick mit denen von Umweltschutzorganisationen und Naturschutzverbänden zu überschneiden. Erst beim genaueren Hinsehen wird deutlich, dass ökologische Fragestellungen mit rassistischen und völkischen Ideologien in Zusammenhang gebracht werden. Beispielsweise wird Umweltschutz in rechtsextremen Diskursen als Bewahrung traditioneller, deutscher Landnutzung gerahmt und industrielle, globalisierte Landwirtschaft abgelehnt. Durch die Verknüpfung von Umweltschutz mit Heimatschutz wird auf die aus dem Nationalsozialismus stammende Blut- und Bodenideologie Bezug genommen (FARN, 2021). Teil dieser Debatte ist der Schutz von heimischen Tier- und Pflanzenarten und damit einhergehend die Ablehnung des Neuen und Fremden. Diese Naturschutzargumente werden von Rechtspopulist*innen mit Argumenten gegen ‚nicht-deutsche‘ Einflüsse sowie der Befürwortung restriktiver Migrationspolitik in Verbindung gebracht (FARN, 2018). Auch Anknüpfungspunkte an Postwachstumsbewegungen, die üblicherweise mit linkspolitischen, demokratischen Positionen assoziiert werden, sind in rechtsextremen Denkweisen vorzufinden. Beispielsweise wird Kritik am globalen Ressourcenverbrauch sowie damit einhergehenden Umweltzerstörungen und Transportemissionen geübt. Es werden Forderungen nach einer Regionalisierung der Wirtschaft gestellt, wodurch internationale Handelsbeziehungen geschwächt und abgebaut werden sollen (Veit, 2022). Deutlich wird demnach, dass Umwelt- und Naturschutz nicht zwangsläufig mit demokratischen Werten gleichgesetzt werden, sondern Motive und Hintergründe auch auf rechten Denkmustern beruhen können.

Soziale Medien bieten rechten Strömungen Plattformen, um ihre Ideologien und Forderungen unter dem Deckmantel des Umwelt- und Naturschutzes in die breite Gesellschaft zu tragen. Beispielsweise nutzt die AfD verschiedene TikTok-Accounts für die Kommunikation ihrer politischen Forderungen, häufig ohne dass zu erkennen ist, dass diese der Partei zugehörig sind. Auch über YouTube, Blogs und Magazine wird die Inkonsistenz der rechten Positionen und die Instrumentalisierung von Naturschutzthemen für politische Zwecke deutlich. Während sich einerseits für lokalen Natur- und Umweltschutz eingesetzt wird, wird gleichzeitig Hetze gegen globale Klimaschutzmaßnahmen betrieben.

Wie gehen wir mit klimawandelleugnenden Positionen von Rechtspopulist*innen um? Und was lässt sich rechtsextremen Denkweisen im Naturschutz entgegnen?

Ängste und Sorgen, die in Zeiten von multiplen Krisen und wirtschaftlichen Unsicherheiten entstehen, werden von rechten Bewegungen genutzt, um sich als ‚Alternative‘ zu den etablierten Parteien zu positionieren und ihre Ideologien in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Vor allem Menschen, die die negativen sozialen Auswirkungen des Strukturwandels im Kontext der sozial-ökologischen Transformation besonders spüren, werden von rechten Parteien angesprochen. Dies kann darauf hindeuten, dass sich bestimmte Bevölkerungsgruppen im aktuellen Klimadiskurs nicht ausreichend repräsentiert sehen. Um diesem ‚Gefühl des Abgehängtseins‘ entgegenzuwirken, müssen soziale Aspekte stärker bei Klimaschutzmaßnahmen berücksichtigt und sichergestellt werden, dass sich bestehende Ungleichheiten nicht noch verstärken. Breite gesellschaftliche Partizipationsprozesse können dabei ein entscheidendes Instrument sein.

Um den Argumenten von Rechtspopulist*innen zu begegnen, ist es wichtig, die Vorteile der sozial-ökologischen Transformation hervorzuheben und positive Zukunftsbilder der nachhaltigen Entwicklung zu präsentieren. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen allgemeinverständlich und über vielfältige Plattformen an die Öffentlichkeit kommuniziert werden, um das Faktenwissen als Argumentationsgrundlage in der Gesellschaft zu verbessern.

Wichtig ist zudem, der Verbreitung rechter Ideologien in Naturschutzkreisen entgegenzuwirken und demokratische Umweltpolitik voranzutreiben. Ein Aspekt ist dabei, rechtsextreme Denkmuster im Natur- und Umweltschutz zu erkennen und auf diese aufmerksam zu machen. Die Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) engagiert sich in diesem Bereich und veröffentlicht auf ihrer Website Broschüren und Informationsmaterialien, die dabei unterstützen, rechte Ideologien in Naturschutzforderungen zu erkennen. Dazu ist es einerseits notwendig, dass innerhalb von Naturschutzverbänden und Umweltorganisationen auf die Problematik aufmerksam gemacht wird und Aushandlungstraditionen aufgebaut werden. Aber auch politische Bildung ist notwendig, um den Umgang mit rassistische Äußerungen zu lernen, Gegenpositionen zu beziehen, demokratische Haltung zu wahren und Solidarität mit betroffenen Personen zu zeigen. Hilfreich ist dabei das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus, die Argumente gegen rassistische Bemerkungen auf ihrer Website bereitstellen, Veranstaltungen und Seminare anbieten. Auch die Mobile Beratung bietet eine Anlaufstelle, um Informationen über den Umgang mit Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Verschwörungserzählungen und Rechtspopulismus zu erlangen.

Eine demokratische Gestaltung von Umwelt- und Naturschutz sowie die Förderung von sozialgerechten Klimaschutzmaßnahmen ist essenziell für das Gelingen der sozial-ökologischen Transformation. Ein gemeinsames Engagement gegen die Verbreitung von rechten Ideologien und gegen eine Diskursverschiebung nach rechts ist notwendig.


Literatur:

FARN – Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (Hrsg.) (2018).  Rechtsextreme Ideologien im Natur- und Umweltschutz – eine Handreichung; 32 Seiten, DIN-A4-Broschüre; Eigenverlag, Berlin.

FARN – Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (Hrsg.) (2021). Die extreme Rechte zwischen Klimawandelleugnung und Klimanationalismus; 44 Seiten, DIN-A4-Broschüre; Eigenverlag, Berlin.

Humpert, F., Kadelke, P., Möstl, C., Schad, M., & Sommer, B. (2021). Auf Kosten des Volkes. Rechtspopulistische Positionen zu Klima und Umwelt. ‚Politiken der Nicht-Nachhaltigkeit (PONN): National-autoritärer Populismus und neue soziale Disparitäten als gesellschaftliche Rahmenbedingungen einer sozial-ökologischen Transformation‘; 44 Seiten, Europa-Universität Flensburg /Technische Universität Dortmund

Veit, K. (2022). „Gender-Ideologie “und „Klimahysterie “. Der Natur-Geschlechter-Nexus im rechten und extrem rechten Denken. ZRex–Zeitschrift für Rechtsextremismusforschung2(1), 19-20.

Der Autor / Die Autorin

Linda Lütkes

Praktikantin in der Geschäftsstelle von SDSN Germany

Linda Lütkes hat im Oktober 2021 ihren B.A. Geographie an der Leibniz Universität Hannover abgeschlossen. Seitdem studiert sie im M.Sc. Humangeographie an der Universität Münster. Ein Semester des Masterstudiums hat sie in an der Rijksuniversiteit Groningen verbracht. Inhaltliche Schwerpunkte setzt sie vor allem im Bereich der Gestaltung der sozial-ökologischen Transformation.